Sonntag, 25. Februar 2007

0 + 3 = 6



Fachsprache überrascht mitunter – sogar jene, die sie verwenden. So glänzte Reinhold Beckmann kürzlich in der ARD-Sportschau zunächst mit Detailkenntnis. Alemannia Aachen und der VfL Bochum seien zurzeit quasi Zwillingsvereine, so Beckmann, und wiesen identische Punktzahl und Tordifferenz auf. So weit, so gut. Dann aber gab sich Beckmann als Sympathisant der Generation Pisa zu erkennen. Er behauptete nämlich, die Partie Bochum gegen Aachen sei ein typisches Sechs-Punkte-Spiel. Wollen wir mal kurz rechnen: Wenn vor dem Spiel die Punktdifferenz null ist, dann ist die Differenz nach dem Spiel maximal drei. Mehr Punkte gibt es für einen Sieg nicht. Was Beckmann vermutlich meinte: Wenn Aachen drei Punkte gewinnt, kann Bochum an diesem Spieltag nicht auch drei Punkte gewinnen und umgekehrt. Aber selbst bei dieser Betrachtung bliebe es ein Drei-Punkte-Spiel.
Sportübertragungen sind ohnehin ein steter Quell des Unbehagens, wenn man auf den möglichst korrekten Umgang mit Sprache Wert legt. Als Sprachakrobaten erster Güte entpuppen sich ehemalige Sportler, die heute als Reporter ihren Lebensunterhalt verdienen. Wie beispielsweise Frank Wörndl als Eurosport-Kommentator Verben zu unerwartet neuem Leben erweckt, ist beeindruckend. "Der Schein hat also nicht getrügt", resümierte der ehemalige Skifahrer, als die Laufzeit einer Slalomfahrerin bestätigte, was man vorher am Bildschirm beobachten konnte, dass nämlich der Lauf unrund und langsam gewesen war. Nun ja, da die Zeit elektronisch genommen wurde, war sie vermutlich nicht gelügt. Angesteckt hat Wörndl bereits seine neue Mitkommentatorin Martina Lechner. Sie sagt inzwischen Dinge wie: "Die Schweizerin ist rein optisch eine Augenweide." Das ist zweifellos ein Ohrenschmaus – rein akustisch. Oder, um Siggi Heinrich zu zitieren: "Zum Leben zu viel und zum Sterben zu wenig."

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© Julius Moll

Sonntag, 11. Februar 2007

Seven of Ten



Die Information ist geeignet, das Fett in den Adern verklumpen zu lassen: "Sieben von zehn Deutschen haben einen erhöhten Cholesterinwert." Donnerwetter, das ist schlimm. Da sind ja fast alle krank! Nur noch ein paar Jährchen, und dann haben alle einen zu hohen Cholesterinspiegel. Was dann? Vor allen Dingen, wenn dann alle noch leben sollten und die durchschnittliche Lebenserwartung inzwischen auf knapp 100 gestiegen ist.
Na ja, darüber kann man ja dann immer noch nachdenken. Unterdessen kaufen und essen wir erst einmal die Spezialmargarine, die unsere Werte justiert. Um die Werte ausreichend zu senken, wird es vermutlich nicht reichen – aber dass die Margarinefabrik ihre Verkaufsziele erreicht, schon. Das hält deren Angestellte in Lohn und Brot, was gut ist, denn die können sich dann während der Arbeit nicht ausreichend bewegen und sich zudem fetthaltiges Essen kaufen und so ebenfalls ihre Cholesterinspiegel erhöhen.
Vielleicht ist es aber auch so, dass die Interpretation gar nicht stimmt. Vielleicht haben nicht sieben von zehn einen zu hohen Cholesterinwert, sondern drei von zehn haben einen zu niedrigen. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Vielleicht ist der Grenzwert falsch gesetzt?
Aber wenn das so wäre, dann könnte man sich die ganze Spezialmargarine sparen. Eine grauenhafte Vorstellung.
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©2007 Julius Moll