Montag, 16. Februar 2009

Tresorsport


Haben Sie sich schon mal Gedanken um Ihr Geld gemacht? Ich meine: Ihr Geld zu Hause? Dieser Art der Geldaufbewahrung wenden sich im Zeitalter der Bankenpleiten ja immer mehr Menschen zu. Warum, in aller Welt, sollte man sein Geld irgendeiner Bank anvertrauen? Damit sie es arbeiten lässt? Womöglich in einem Fond der Lehman Brothers? Lassen Sie uns dies gemeinsam ins Reich der Scherze verweisen!
Also: Wie hebt man sein Geld zu Hause sicher auf? Nun, dafür gibt es natürlich Tresore, und zwar in fast jeder Preisklasse und Sicherheitsstufe. Wenn Sie einen solchen Tresor in Ihrem Heim installiert haben, steht fest: Die Einzigen, die diese Tür außer Ihnen öffnen könnten, sind Kriminelle. Menschen, die es auf anderer Leute Eigentum abgesehen haben. Wer sonst wäre darauf aus, sich derartige Fertigkeiten anzueignen?
Nun stieß ich kürzlich auf einen Zeitungsartikel, der eine deutsche Meisterschaft zum Thema hatte, und zwar die deutsche Meisterschaft der Sportfreunde der Sperrtechnik. Was harmlos euphemistisch daherkommt – wie beispielsweise Entsorgungspark (statt Müllkippe) oder kerntechnische Anlage (statt Atomkraftwerk) –, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Vereinigung von Menschen, die Sicherheitsverschlüsse öffnen: Türen, Fenster, Vorhängeschlösser, aber eben auch Tresore. Ist das nicht faszinierend?
Der Slogan lautet viel versprechend: „Ein Pickset in der Hand sicherer als das Geld auf der Bank“ (s.o.). Und weiter: „Die hohe Kunst des Schlossöffnens, der Fun-Sport mit Gefühl“. Fun-Sport. Das klingt lustig.
Beschlichen von einem unguten Gefühl – denn ich hatte soeben über 2000 Euro für einen Heimtresor investiert – mache ich mich mit der einschlägigen Sportliteratur vertraut. Hier die Highlights: ”Handbuch zur Schlossöffnung“ (Mitglieder im oben erwähnten Verein erhalten das Werk übrigens automatisch und kostenfrei zusammen mit der Aufnahmebestätigung!). Außerdem: „Geheimwissen Schlüsseldienst“. Hier hat ein Schlosser-, Schmiede- und Mechanikermeister mit 20-jähriger Berufserfahrung auf über 300 Seiten seine Erfahrung zusammengefasst. Besonders empfehlenswert: Es werden neben den üblichen Schlossöffnungsverfahren auch zerstörerische Maßnahmen erläutert. Im Begleittext wird darauf hingewiesen, dass sich das Werk ideal zur Ausbildung eignet. Das wird die Panzerknacker AG sicher freuen.
Ein weiteres Werk preist sich mit dem Untertitel „Nachschlüssel selbst gemacht!“. Da kann dann ja kaum noch etwas schief gehen.
Leider bin ich noch nicht dazu gekommen herauszufinden, ob es auch eine Sportgruppe Autozündschloss gibt, von einem Verein zur Verfeinerung des Serienmords ganz zu schweigen. Auch ein Interessenvertretung zur Karosserieumlackierung fände sicher Zuspruch. Ich persönlich würde mich beispielsweise sehr für eine Abendschule zur Perfektion der Zechprellerei interessieren. Damit könnte ich eine Menge Geld sparen.

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© Julius Moll

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