Der Fluch der fliegenden Dosen
Wenn Steve Jobs verkündet, Apple habe das Telefon neu erfunden und damit einen Techniksprung getan, dann wollen wir mal so tun, als glaubten wir ihm. Insgeheim jedoch beschließen wir, sicher zu sein, wem diese Krone eigentlich gebührt. Ja, ganz recht: John Cornwell aus den Vereinigten Staaten von Amerika (woher sonst?). Dieses Genie hat uns kürzlich geschenkt, worauf wir seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, händeringend warteten: den Kühlschrank, der kalte Bierdosen zum Sofa wirft. Und zwar nach kurzem Druck auf die Fernbedienung.
Haben Sie's? Eigentlich ja, aber Sie wollen es noch nicht so recht glauben? Dann also noch mal zum Genießen (und dazu macht man am besten die Augen zu und stellt sich das Ganze so naturgetreu wie möglich vor). Da sitzt oder lungert man also auf dem Sofa herum, in der Hand die Chipstüte, in der Glotze läuft irgendein Schwachsinn, beispielsweise Alarm für Cobra 11, – und plötzlich ist das Bier alle. Aufstehen und die Chipskrümel auf dem Teppich verteilen?
Aber nicht doch! Einfach die Fernbedienung ergreifen und auf "Neue Dose" drücken. Am Kühlschrank setzt sich ein Mechanismus in Bewegung, der eine gut gekühlte Dose oben aus dem Schrank fährt und einer Art Katapult vorlegt. Dann macht es: "Tock", und die Dose kommt auf anmutiger ballistischer Flugbahn durch den Raum gesegelt und nähert sich in angemessener Geschwindigkeit dem Durstigen auf dem Sitzmöbel. Was bleibt, ist nur noch fangen, vorsichtig öffnen und trinken.
Beim vorsichtigen Öffnen trennt sich übrigens die Spreu vom Weizen. Ausreichend Betrunkene laufen Gefahr, sich nach und nach komplett einzunässen, denn durch das Katapultieren ähnelt das Innere der Dose dem Krakatau kurz vor der Eruption.
Zurück zum Erfinder: Er ist Amerikaner, und von denen wissen wir, dass sie ihre Ideen nicht immer zu Ende denken. Ich sage nur: Bagdad. Auch beim Bierdosen werfenden Kühlschrank ist ein wenig zu kurz gedacht worden. Denn wie soll man die Dosen wieder los werden, wenn man auf dem Sofa sitzt? Zudem droht ständig die Gefahr, dass der Kühlschrank weiteren Nachschub herüber schleudert. Wenn es ganz dumm läuft, gehört der Kühlschrank zu solchen, die bereits per Internet mit dem Supermarkt vernetzt sind und daher nie leer werden, weil der Sensor früh genug meldet, dass der Dosenbestand kritische Werte erreicht. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann wir das erste Opfer beklagen müssen, das unter einem Berg leerer Getränkedosen zu Tode kommt.
Vielleicht hat Steve Jobs doch Recht: Ein Telefon ist in solchen Situationen ein echter technischer Vorteil: Man kann beim Supermarkt anrufen und die Nachlieferungen abbestellen.
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©2007 Julius Moll
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